Die Zeit des kalten Krieges ist zum Glück vorbei und mit ihr ist auch weitgehend das Risiko eines großen Krieges zwischen verfeindeten Blöcken gewichen, ersetzt durch eine weit komplexere und deutlich abstraktere Bedrohungslage mit asymmetrischer Kriegsführung durch extremistische Gruppen. Die aktuelle Situation im Nahen Osten ist vor allem ein Verschulden der USA. Natürlich war Saddam Hussein ein Diktator und natürlich hat er ohne Skrupel Menschenrechte verletzt und Giftgas gegen seine eigene Bevölkerung - namentlich im kurdischen Norden des Landes - einsetzen lassen. Aber zugleich hatte er im Irak innenpolitisch ein weitgehend säkulares System geschaffen, in dem es für die extremistischen und jihadistischen Strömungen des Islams keinen Raum gab. Seine Absetzung hat im Irak ein Machtvakuum geschaffen, das die gesamte Region destabilisiert hat und zu nicht geringen Teilen den sogenannten Islamischen Staat erst möglich gemacht hat. Wenn Trump hier also mehr Engagement der NATO-Länder fordert, dann verschweigt er dabei geflissentlich, welches Land für die verfahrene Situation primär verantwortlich ist und deswegen moralisch auch in der Pflicht ist, sich mit aller Kraft zu engagieren.
Hinzu kommt noch ein anderer Punkt. Gegen die neue Bedrohungslage sind konventionelle Armeen nur sehr bedingt eine Verteidigung. Mit Panzern und Kampfflugzeugen kann man nur schwer gegen Terroristen und religiöse Fanatiker kämpfen. Ob es vor diesem Hintergrund die Sicherheit erhöht, wenn man mehr für Rüstung ausgibt, darf zumindest bezweifelt werden. Warum ist Trump also mit der Zusage der NATO sich mehr gegen den Islamischen Staat zu engagieren nicht zufrieden und beharrt auf seiner Forderung nach mehr Geld?
Trump ist vor allen Dingen ein mehr Geschäftsmann als Staatsmann und wenn man unterstellt, dass ihm die internationale Sicherheitslage - soweit sie nicht unmittelbar die USA tangiert - weitgehend egal ist, dürfte man nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt liegen. Seine Wählerschaft jedenfalls ist für eine isolationistische Politik der USA, in der diese sich nur noch dann um Belange ausserhalb der USA kümmern, wenn diese die eigenen Interessen unmittelbar betreffen. Wenn es also nicht Donald Trump der Staatsmann, sondern der Geschäftsmann ist, der deise Fordernung erhebt, dann lohnt es sich ein wenig in diese Richtung zu denken. Die USA sind immerhin einer der weltweit grössten Hersteller und Exporteure von Kriegsgerät aller Art. Von der Pistole bis zum Kampfflugzeug wird dem zahlungskräftigen Kunden alles angeboten. Eine Erhöhung der Verteidigungsetats der NATO-Länder bedeutet fast unmittelbar eine erhöhte Nachfrage nach Rüstungsgütern und US Firmen sind nur zu gerne bereit, diese zu befriedigen. Allein Deutschland müsste jährlich zusätzlich fast 30 Milliarden US-Dollar für Verteidigung ausgeben. Selbst wenn - niedrig geschätzt - nur 10 % der zusätzlichen Ausgaben in die Kassen der amerikanischen Rüstungsfirmen wandern würden, so käme über alle NATO-Länder summiert ein gewaltiges Konkunkturprogramm im zweistelligen Milliardenbereich für die amerikanische Wirtschaft heraus, das den amerikansichen Steuerzahler keinen Cent kostet. Genau die Art Deal, die Trump bevorzugt.