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Deutsches Gesundheitssystem nur Mittelmass

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Vor wenigen Tagen wurde im renommierten wissenschaftlichen Fachjournal The Lancet eine Studie veröffentlicht, die Verfügbarkeit und Qualität der Gesundheitsversorgung in 195 Ländern weltweit verglichen hat (auch als PDF im Volltext verfügbar). Dabei wurde die Sterblichkeit bei 32 ausgewählten Krankheiten betrachtet, die mit heutiger Medizin gut zu behandeln sind. Auf dieser Basis wurde ein Index berechnet, der nicht nur Rückschlüsse auf die Qualität des Gesundheitssystems zulässt, sondern auch einen Vergleich zwischen dem Endzeitpunkt der Studie 2015 und dem Anfangsjahr 1990 erlaubt.

Deutschland hat sich zwar gegenüber 1990 deutlich verbessert, das gilt aber praktisch für alle hochentwickelten Länder und spiegelt lediglich den medizinischen Fortschritt wieder und besagt daher nicht viel. Interessanter hingegen ist, wie sich Deutschland im Vergleich zu den anderen Industrienationen schlägt. Und hier besteht durchaus noch Luft nach Oben.

Während bei den Ländern, die die ersten beiden Plätze belegt haben - Andorra und Island - die geringe Grösse bzw. Einwohnerzahl einen Vergleich mit großen Ländern wie Deutschland gegebenenfalls unfair erscheinen lässt, so ist dieses Argument im Vergleich zur drittplatzierten Schweiz kaum mehr als Entschuldigung zu akzeptieren. Diese kommt immerhin auf einen Index von 92 Punkten (Skale 0-100, wobei 100 einer perfekten Gesundheitsversorgung entspräche) während Deutschland mit nur 86 Punkten abgeschlagen erst auf dem 20. Platz folgt. Vor Deutschland liegen die für ihr gutes Gesundheitssystem bekannten skandinavischen Länder Schweden (Platz 4) und Norwegen (5), aber auch Australien (6), bei dem man aufgrund seiner Grösse und dünnen Besiedlung ausserhalb der Ballungszentren im Bereich Verfügbarkeit der Versorgung doch eher schlechtere Werte erwarten würde. Auch unsere direkten Nachbarn, die Niederlande (Platz 9), Österreich (14) und Frankreich (15) bieten eine bessere Versorgung und dies gilt selbst für die wirtschaftlich angeschlagenen südeuropäischen Staaten wie Spanien (8) und Italien (12). Selbst Griechenland liegt mit Platz 19 noch knapp vor Deutschland.

Aber schauen wir uns doch einmal an, wie Deutschland im Vergleich zu den anderen Ländern der europäischen Union abschneidet.

 

Alle EU-Länder sortiert nach belegtem Platz in der Studie
Platz EU Platz weltweit Land Index1
1 4 Schweden 90
2 7 Finnland 90
3 8 Spanien 90
4 9 Niederlande 90
5 10 Luxemburg 89
6 12 Italien 89
7 13 Irland 88
8 14 Österreich 88
9 15 Frankreich 88
10 16 Belgien 88
11 18 Slovenien 87
12 19 Griechenland 87
13 20 Deutschland 86
14 24 Dänemark 86
15 26 Zypern 85
16 28 Malta 85
17 29 Tschechien 85
18 30 Vereinigtes Königreich 85
19 31 Portugal 85
20 33 Kroatien 82
21 34 Estland 81
22 38 Ungarn 80
23 39 Polen 80
24 43 Slovakei 79
25 44 Lettland 78
26 47 Litauen 77
27 51 Rumänien 74
28 58 Bulgarien 71

1 Index gerundet auf volle Zahlen, Sortierung aber nach absolutem Wert

Deutschland liegt also trotz seiner hohen Wirtschaftsleistung nur im Mittelfeld aller EU-Staaten und würde man nur die EU vor der Osterweiterung betrachten, dann läge Deutschland sogar auf den hinteren Rängen.

Ein gut funktionierendes, allgemein zugängliches Gesundheitssystem ist ein wichtiger Eckpfeiler für sozialen Frieden in einer Gesellschaft. Deutschland hat hier, vor allem gemessen an seiner Wirtschaftskraft, ein deutliches Defizit, das es auszugleichen gilt. Der Weg dahin kann jedoch nicht darin liegen, noch mehr Bürokratie und Rationierung der Leistungen durch die gesetzlichen Krankenversicherungen zu schaffen, sondern die Entscheidung über Sinn oder Unsinn einer Therapie dorthin zurückzugeben, wo sie hingehört: in die Hände der Ärzte, die allein dem Wohl ihrer Patienten verpflichtet sind.

Gernot Ortmanns

Als klinisch tätiger Arzt und ehemaliger Unternehmensberater und Projektmanager ist das Spektrum der Themen, die mich interessieren sehr breit. Die sehr internationale Ausrichtung - ich habe neben Deutschland auch in Australien und der Schweiz gelebt und gearbeitet - verleiht mir eine Perspektive, die ich ohne diese Erfahrung so nicht hätte. Ich hoffe, ich kann meinen geneigten Lesern ein Stückweit diese Perspektive vermitteln und zu einer differenzierteren, vielschichtigeren Sicht der Dinge beizutragen.

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