Der Deal mit dem Atommüll - 23 Milliarden für die Ewigkeit
geschrieben von Gernot Ortmanns Dienstag, 04 Juli 2017Heute tritt er also in Kraft, der Deal über die Altlasten der Kernenegie zwischen den grossen Energiekonzernen und dem Bund. Der Staat erhält von den Betreibern der Atomkraftwerke insgesamt rund 23 Milliarden Euro und übernimmt dafür die Verantwortung für die Endlagerung der atomaren Abfälle. In den Chefetagen der Konzerne knallen die Sektkorken und die Politik, die Ende 2016 diesen Deal beschlossen hat, lobt sich sogar noch dafür.
Dabei dürfte dieses Geschäft das wohl schlechteste sein, dass der deutsche Staat jemals mit der Industrie abgeschlossen hat. Selbst die Bankenrettung im Rahmen der Finanzkrise mit Kosten von weit über 200 Milliarden Euro wird - die Zukunft wird es zeigen – dürfte dagegen verblassen.
Netzwerkdurchsetzungsgesetz - Angriff auf die Meinungsfreiheit
geschrieben von Gernot Ortmanns Montag, 03 Juli 2017Vergangene Woche hat der Bundestag mit den Stimmen der grossen Koalition aus CDU/CSU und SPD einen der grössten Eingriffe in die Grundrechte der letzten Jahre verabschiedet. Vor allem auf den staatlichen Kanälen ARD und ZDF dominierte in der Berichterstattung jedoch das Thema „Ehe für alle“, obwohl davon nur eine kleine Minderheit der Bevölkerung direkt betroffen ist. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das ebenfalls letzte Woche verabschiedet wurde und welches das Potential hat, massiv in das Grundrecht auf freie Meinungsäusserung einzugreifen, wurde dort nur in einer Randnotiz erwähnt, obwohl es von allen Seiten Kritik hagelte.
Von der Koalition, allen voran dem für dieses Gesetz verantwortlichen Innenminister Heiko Maas (SPD) wird dieses Gesetz als Massnahme gegen Hass und Hetze im Internet bezeichnet, aber die Art wie dies laut Gesetz erreicht werden soll, ist höchst fragwürdig und für eine Demokratie sogar gefährlich.
Das Problem, das dieses Gesetz lösen möchte ist, dass auf sozialen Netzwerken – z. B. Facebook – unter vielen Milliarden völlig legitimer Beiträge auch einige sind, die zu Gewalt aufrufen, andere Menschen öffentlich in juristisch inakzeptabler Weise angreifen oder für verfassungsfeindliche Organisationen werben. Im Falle von Facebook mit fast 2 Milliarden aktiven Nutzern weltweit kann man davon ausgehen, dass jeden Tag eine mehrstellige Milliardenzahl an Beiträgen veröffentlicht wird. Angesichts dieser Dimension dürfte sofort klar sein, dass eine Vorabkontrolle auf mögliche Rechtsverstösse schon aus rein quantitativer Sicht gar nicht möglich ist. Aber auch nach dem Melden von solchen Inhalten dauert es zum Teil sehr lange, bis diese entfernt werden, weil – so der Vorwurf der Politik an Facebook – die Wege wie dies zu geschehen hat nicht klar sind und es keinen klaren Ansprechpartner für die Meldung solcher Beiträge und keine durchsichtigen Prozesse für die anschliessende schnelle Bearbeitung gibt.
Das Gesetz will dies durch neue Pflichten für die Betreiber von sozialen Netzwerken ändern. Hierzu werden die Anbieter verpflichtet, ein wirksames und transparentes Verfahren für den Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte vorzuhalten und wenn jährlich mehr als 100 solcher Beschwerden eingehen, einen halbjährlichen deutschsprachigen Bericht über den Umgang mit diesen auf ihren Plattformen sowie im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Soweit, so gut.
Desweiteren verlangt das Gesetz aber, dass der Betreiber eines sozialen Netzwerks
- unverzüglich von der Beschwerde Kenntnis nimmt und prüft, ob der gemeldete Inhalt rechtswidrig und zu entfernen oder der Zugang zu ihm zu sperren ist.
- einen offensichtlich rechtswidrigen Inhalt innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde entfernt oder den Zugang zu ihm sperrt.
- jeden rechtswidrigen Inhalt unverzüglich, in der Regel innerhalb von 7 Tagen nach Eingang der Beschwerde entfernt oder den Zugang zu ihm sperrt. Diese Frist kann überschritten werden, wenn
- die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit des Inhalts von der Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung oder erkennbar von anderen tatsächlichen Umständen abhängt.
- das soziale Netzwerk die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit innerhalb von 7 Tagen nach Eingang der Beschwerde einer anerkannten Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung überträgt und sich deren Entscheidung unterwirft.
Dabei liegt die Strafe für eine vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung dieser Auflagen bei bis zu 50 Millionen Euro.
Im Klartext bedeutet dies, dass nicht mehr die Gerichte darüber befinden, was rechtlich zulässig ist und was nicht sondern die Anbieter von sozialen Netzwerken selbst. Für eine schnelle Entfernung bietet das Recht das Mittel der Einstweiligen Verfügung, bei der eine Abwägung der Rechtsgüter getroffen wird. Dabei ist das Recht auf freie Meinungsäusserung, das immerhin ein Grundrecht ist, ein sehr hochstehendes Rechtsgut und es bedarf einer genauen Abwägung will man dieses einschränken.
Wird die Prüfung durch den Anbieter des sozialen Netzwerks selbst vorgenommen, so ist davon auszugehen, dass Grundrechte eine untergeordnete Rolle bei der Bewertung spielen wird und wirtschaftliche Aspekte in den Vordergrund treten. Angesichts der hohen Strafen, die das Gesetz vorsieht, wird aller Voraussicht nach eine Tendenz dazu bestehen, im Zweifelsfall lieber zu löschen. Auf diesem Weg entsteht eine Selbstzensur die das Grundrecht aushebelt.
Auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages, der unabhängig von Parteigrenzen arbeitet, hat in einer Ausarbeitung über die Vereinbarkeit des Gesetzes mit dem Recht auf Meinungsfreiheit erhebliche Bedenken geäussert. Ob es schlicht Inkompetenz, die Arroganz der Macht oder der bewusste Versuch der Regierungsparteien ist, die Grundrechte auszuhöhlen, vermag ich nicht zu beurteilen. Tatsache ist jedoch, dass die Koalition aus CDU/CSU und SPD dieses Gesetz gegen Bedenken des wissenschaftlichen Dienstes und gegen Kritik fachkundiger Stellen beschlossen hat und wir nun – wieder einmal – darauf hoffen müssen, dass das Bundesverfassungsgericht den Politikern ihre Grenzen aufzeigt und unsere Rechte gegen diese verteidigt.
Die grösste Flüchtlingswelle von 2015 ist zum Glück abgeebbt, aber auch heute noch kommen jeden Monat tausende Flüchtlinge nach Deutschland. Laut Bericht des Tagesspiegels vom Januar hat Finanzminister Wolfgang Schäuble die sogenannten „asylbedingten Kosten“ im Bundeshaushalt auf 43 Milliarden Euro beziffert. Darin enthalten sind Ausgaben, die unter der schönen Bezeichnung „Fluchtursachenbekämpfung“ zusammengefasst werden und mit 14,3 Milliarden Euro rund ein Drittel der Gesamtkosten ausmachen. Hierunter verbucht werden auch 428 Millionen Euro die für die dortige Versorgung der Flüchtlinge an die Türkei fliessen. Für inländische Leistungen werden 28,7 Milliarden Euro für die Jahre 2016 und 2017 veranschlagt. Darin enthalten sind allein 2,7 Milliarden Euro an Kosten für die eigentlichen Asylverfahren (also Verwaltung) und weitere 5,3 Milliarden Euro für Integration. Insgesamt 4,4 Milliarden Euro werden für die Sozialleistungen der anerkannten Asylbewerber und geduldeten Flüchtlinge ausgegeben. Der grösste Teil von 16,2 Milliarden Euro geht jedoch als Entlastung an Länder und Gemeinden. Bezahlt wird das alles, wie könnte es anders sein, aus Steuergeldern. Interessant wird es jedoch, wenn wir uns anschauen, wer profitiert.
Der grosse Traum einer friedlichen Welt nach dem Ende des Kalten Krieges hat sich nicht erfüllt, im Gegenteil. Der Antagonismus zwischen zwei grossen Blöcken die - durch das Abschreckungspotential eines Atomkriegs - nicht bereit waren eine grosse militärische Auseinandersetzung zu riskieren, wurde ersetzt durch eine komplexere Weltordnung mit einer Vielzahl an Konflikten. Die Interessenlage in den einzelnen Konfliktherden ist dabei in höchstem Grade komplex und selbst Kenner der Materie können nicht mit Sicherheit guten Gewissens behaupten, sie hätten alle Aspekte umfassend verstanden. Nehmen wir als Beispiel die Lage im Nahen Osten. Durch die Zerschlagung des Regimes im Irak ist in der Region ein Machtvakuum entstanden das wie aus dem Nichts alle möglichen bis dahin gar nicht sichtbaren Gruppierungen hat an die Öffentlichkeit treten lassen. Darunter nicht zuletzt auch der sogenannte Islamische Staat, dessen Ziel - zumindest soweit wir das verstehen - die Etablierung einer an konservativen und radikalislamischen Regeln ausrichteten Staatsform im Sinne eines Kalifats ist. Für die Entstehung dieser Gefahr sind also zumindest mittelbar die Vereinigten Staaten verantwortlich, durch deren Intervention im Irak das Machtvakuum in der Region erst entstanden ist.
Wieder gab es einen Terroranschlag in Europa, diesmal in London. Ein Lieferwagen wurde von den Tätern als Waffe gegen Fussgänger benutzt, um diese zu überfahren. Dann setzten die drei Insassen mit Messern bewaffnet ihren Angriff fort und stachen wahllos auf Passanten ein, bevor sie selbst von der Polizei gestoppt werden konnten. Mindestens 7 Personen wurden getötet, dutzende zum Teil schwer verletzt. Unser Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Familien. Zugleich jedoch müssen wir uns die Frage stellen, wie wir künftig solche Anschläge verhindern können - und ich darf vorwegnehmen, die Ausweitung von Überwachung und Einschränkung von Bürgerrechten und Freiheiten wird kein Mehr an Sicherheit bringen. Die Bilder und Worte der vor die Kameras tretenden Politiker jedenfalls sind von den Reaktionen auf vorangegangenen Terrorakte kaum zu unterscheiden und machen letztlich nur deren Hilflosigkeit deutlich. Von überall her kommen Solidaritätsbekundungen an die Adresse der Oper bzw. ihrer Angehörigen und an die betroffenen Nation. Natürlich werden die Täter allenthalben verurteilt und - wen wundert es - schrecken die Politiker nicht davor zurück, die eigene politische Agenda als beste Antwort auf diese Art Taten zu verkaufen und so vielleicht noch einen Vorteil herauszuholen für die eigene Sache. Dabei hat keine der politischen Parteien eine wirklich überzeugende Antwort auf Terrorismus, weil eine offene Diskussion über die Ursachen, und ob wir diese wirklich so hinnehmen wollen, nicht geführt wird.
Vertreter von Lobbygruppen gegen sich in den Politikerbüros in Berlin und Brüssel die Klinke in die Hand und wieder und wieder hört man, dass Gesetzestexte nicht nur unter durchaus angemessener Berücksichtigung und in Rücksprache mit Interessengruppen entstehen sondern geradezu von Lobbyisten fertig formuliert und von der Politik weitgehend kritiklos übernommen werden. Als wäre dies allein noch nicht bedenklich genug, haben viele Politiker gut dotierte Aufsichtsrats- oder Beraterpositionen in der Wirtschaft und dies durchaus auch in Bereichen, die ihren eigenen politischen Tätigkeitsfeldern entsprechen oder zumindest nahestehen. Die Frage, in wieweit hier Unabhängigkeit und auf die Interessen der breiten Bevölkerung ausgerichtete Politik erwartet werden darf, drängt sich geradezu auf, sagt doch das bekannte Sprichwort: wes Brot ich ess, des Lied ich sing
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Trumps Ausstieg aus dem Klimaschutzabkommen von Paris
geschrieben von Gernot Ortmanns Freitag, 02 Juni 2017Nun ist es also passiert, Donald Trump hat den Rückzug der Vereinigten Staaten aus dem Pariser Abkommen zum Klimaschutz verkündet. Soweit nicht weiter erstaunlich, bedenkt man erstens seine generelle politische Richtung und zweitens die - sagen wir einmal - etwas einseitigen Quellen, aus denen er seine Informationen zu ziehen scheint. Wenn jemand mehr auf ultrakonservative und rechtspopulistische Nachrichtenkanäle hört als auf die weitaus tiefergehenden und ausgewogenen Informationen, die ihm als Präsident - so nehme ich zumindest an - eigentlich zur Verfügung stünden, dann ist das hinlängliche Erklärung for den offenbar beschränkten Horizont, den diese Entscheidung erkennen lässt. Was aber erstaunt ist die weltweite Reaktion. Man könnte fast meinen, dieser Schritte hätte den Rest der Welt völlig überrascht, dabei muss man sich nur Trumps Prioritäten und die seiner Anhänger und Wähler ansehen um zu erkennen, dass der Ausstieg nur ein weiterer Schritt auf dem eingeschlagenen Pfad ist. Aber wie schlimm ist der Ausstieg der USA nun wirklich für unseren Planeten?
Trump hat auf dem NATO-Gipfel eine Erhöhung der Rüstungsausgaben auf 2% des Bruttoinlandsprodukts gefordert und damit natürlich zunächst einmal die Interessen der USA im Fokus. Aber was bedeutet dies für uns? Was zunächst nach wenig klingt, sind in Wahrheit viele Milliarden Euro. Im Fall Deutschland beliefen sich die Verteidigungsausgaben im Jahr 2016 auf rund 1.2% des Bruttoinlandsprodukts, immerhin 36,6 Milliarden Euro in absoluten Zahlen. Wollte man Trumps Forderung erfüllen müsste Deutschland Jahr für Jahr zusätzlich mindestens 25 Milliarden Euro aufwenden und das in einer Zeit knapper Kassen und zunehmend asymmetrischen Bedrohungen, gegen die konventionelle Armeen wenig Verteidigung bieten. Aber Zahlen in dieser Grössenordnung sind so schwer fassbar, so abstrakt, dass wir uns kaum eine Vorstellung davon machen können. Daher ein paar Beispiele, was man anstatt zusätzlicher Waffen für 25 Milliarden Euro bekäme.
Trump will mehr Geld für Militär - was steckt dahinter?
geschrieben von Gernot Ortmanns Montag, 15 Mai 2017Heute hat der US-Präsident Donald Trump auf dem NATO Treffen in Brüssel seine Forderung nach höheren Militärausgaben erneut bekräftigt. Er verlangte in scharfem Ton, dass alle Nato-Staaten 2 % ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben sollen. Bedenkt man, daß diese Forderung aus dem Mund des Präsidenten eines Landes kommt, in dem er und seine Partei eine allgemeine Krankenversicherung zu verhindern, weil diese zu teuer sei, dann kann man als Europäer angesichts der hier deutlich werdenden Prioritäten nur noch den Kopf schütteln. Aber wir dürfen nicht den Fehler machen, Trump zu unterschätzen. Er mag ein Narzist und Egomane sein, aber er ist insgesamt nicht dumm und als erfahrener Geschäftsmann immer auf seinen Vorteil bedacht. Die Ansage an die Welt kam bereits bei der Amtseinführung, nur scheinen Politiker weltweit in ihrem Versuch, die Beziehungen zu den USA weiterhin gut zu gestalten, diese zu ignorieren. "America First" waren die Worte, die Trump sogar mehrfach wiederholte. Dies passt nicht zu einer Beziehung auf Augenhöhe, in der beide Partner gleichermaßen profitieren. Trump beansprucht für Amerika einen Vorteil und genau in diesem Kontext ist auch die Forderung nach einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben der NATO-Länder zu sehen.
Die Europäische Union - Kultur als Sprengstoff
geschrieben von Gernot Ortmanns Mittwoch, 24 Mai 2017Die Bilder in den Medien gleichen einander. Politiker stehen vor den Kameras und beschwören den europäischen Geist und verweisen darauf, dass Europa als Projekt friedensstiftend sei und daher auf keinen Fall scheitern dürfe. Das Schreckgespenst eines neuen großen Krieges wird heraufbeschworen, sollte das Projekt Europa scheitern und der Weg hin zu den "Vereinigten Staaten von Europa" als alternativlos bezeichnet. Die Phrasen kennen wir inzwischen fast auswendig, einzig die jeweiligen Krisen wechseln und rütteln an den Grundfesten der EU. Ein kritisch denkender Mensch kommt jedoch nicht umhin sich zu fragen, ob denn wirklich alles so alternativlos ist und welche Fehler das Gesamtkonzept der EU enthält, die zu eben diesen ständigen Krisen führen.
Vor wenigen Tagen wurde im renommierten wissenschaftlichen Fachjournal The Lancet eine Studie veröffentlicht, die Verfügbarkeit und Qualität der Gesundheitsversorgung in 195 Ländern weltweit verglichen hat (auch als PDF im Volltext verfügbar). Dabei wurde die Sterblichkeit bei 32 ausgewählten Krankheiten betrachtet, die mit heutiger Medizin gut zu behandeln sind. Auf dieser Basis wurde ein Index berechnet, der nicht nur Rückschlüsse auf die Qualität des Gesundheitssystems zulässt, sondern auch einen Vergleich zwischen dem Endzeitpunkt der Studie 2015 und dem Anfangsjahr 1990 erlaubt.
Im Herbst steht die nächste Bundestagswahl an und fast vorhersagbar haben konservative Politiker den Begriff Leitkultur aus der Mottenkiste hervorgekramt und verwenden ihn. Aber was genau ist denn diese Leitkultur eigentlich? Ein bekannter Scherz sagt, Zivilisation sei, wenn der Mensch eine Badewanne besitze, Kultur sei, wenn er sie benutze. So banal dieser Scherz auch ist, so deutlich macht er doch das Problem, Kultur überhaupt zu definieren. Beim Begriff Leitultur ist eine Definition noch viel schwerer. Ganz korrekt ist das natürlich nicht. Die Definition könnte vielleicht sogar noch gelingen, wollte man Leitkultur definieren als
Die Summe der Eigenheiten und Traditionen eines Volkes
Schöne Theorie, nur nützt diese Definition im praktischen Alltag wenig, solange wir nicht in der Lage sind, sie mit Inhalt zu füllen, solange wir nicht verbindlich sagen können, was genau denn die Eigenheiten und Traditionen sind, auf die es ankommt. Was ist denn das verbindende Element das uns als Deutsche definiert - vom Ausweis einmal abgesehen? Schaut man vom Ausland auf Deutschland, so ist das Bild der Deutschen, aus welchem Grunde auch immer, geprägt von der bayrischen Kultur mit Dirndl, Lederhosen, Bierzelt und Kalbshaxen. Ein Hamburger oder Berliner wird sich damit allerdings nur schwerlich identifizieren können. Und dies ist auch schon das erste Problem. Es fehlt eine übergreifende, verbindende, nationale Identität.